Vorwort
Von jeher war die östliche Hälfte des mit 11 000 Hektar größten Küstenwaldes deutschlands ein bevozugter Aufenthaltsort für die mecklenburgischen Landesfürsten. Hier in ihrem wohl schönsten Leibjagdrevier, der Gelbensander Forst, suchten und fanden Großherzog Friedrich Franz III. und seine Gemahlin Anastasia Großfürstin von Russland den Standort für ihre Sommerresidenz.
Einen bosnders wichtigen Aspekt bei der Wahl bildeten die Klimaeigenheiten dieser am Meer gelegenen Waldlandschaft. Das für Deutschland in seiner Spezifik einzigartige Gemisch aus Wald- und Seeklima hat für Herz-, Kreislauf sowie Lungenkranke eine besonders heilsame Wirkung. Großherzog Friedrich Franz III. litt zeitlebens sehr stark an einer asthmatischen Erkrankung.
Die Baugeschichte
Anfang 1880 beauftragte der regierende Großherzog Friedrich Franz III. den Baumeister Gotthilf Ludwig Möckel mit der Projektierung des Baues. Als ersten Auftrag für einen Neubau in der neuen
Heimat begann er 1884 mit der Arbeit am Jagdschloss. Am 1. Mai 1885 fand die Grundsteinlegung für das neue Haus statt und wurde mit der Ausstattung 1887 vollendet.
Da sich Großherzogin Anastasias Vater, der Großfürst Michail Nikolajewitsch Romanow, an der Finanzierung des Schlosses beteiligte und er sich auch weiterhin, wie bislang schon häufig, selbst hier
aufhalten wollte, wurden seinem Wunsche gemäß einige Änderungen am Ursprungsprojekt vorgenommen. So fügte man in Anlehnung an russische Schlösser und Bojarenhäuser die hölzerne Überdachung des
Haupteinganges hinzu. Auch wurde an verschiedenen Stellen des Gebäudes der russische Zarenadler als Zierelement hinzugefügt.
Der Baumeister
Am 22. Juli wurde Gotthilf Ludwig Möckel in Zwickau als Sohn eines Kupferschmiedemeisters geboren. Sein Bildungsweg führte ihn über die Königliche Baugewerkenschule Chemnitz an das polytechnikum
Hannover. Der Vorläufer der heutigen Technischen Universität galt in jenen Jahren als eine progressive Ausbildungsstätte. Dort studierte er Baukunst bei Connrad Willhelm Hase. In dieser zeit war
Möckel auch Mitarbeiter in den Architektenbüros Erwin Oppler in Hannover und Julius Rasch in Göttingen.
Ein großer Anteil seiner Bauten war sakraler Natur. Dazu zählen die Versöhnungs- und die Samariterkirche in Berlin, die Lutherkirche in Danzig, die Johanneskirche in Smyrna (dem heutigen Izmir) in der Türkei. Zu den wichtigsten Profanbauten zählen das Ständehaus in Rostock, das Blindenheim in Königs Wusterhausen und das Jagdschloss Gelbensande.
Die fürstlichen Bewohner
Haupsächlich als ganz privates, zurückgezogenes Familiendomizil gedacht, bot die Waldlandschaft mit ihrem einziartigen Klima dem lungenkranken Großherzog nur hier erträgliche Lebensumstände in
seinem Land Mecklenburg.
Mit seiner Gemahlin hatte friedrich Franz III. drei Kinder. Die Erstgeborene erhielt bei ihrer Geburt im jahre 1879 den Namen Alexandrine nach der Großmutter des Großherzogs, der Tochter des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise. Alexandrine wird später die Königin von Dänemark. Das zweite Kind war dann endlich im Jahre 1882 der ersehnte Thronerbe, der seinen Vater später als Friedrich Franz IV. nachfolgen sollte.
Schließlich wurde im Jahre 1886 Cecilie geboren, die sich am 4. September 1904 mit Kronprinz Wilhelm von Preußen, Sohn Kaiser Wilhelms II. im Jagdschloss verlobte.
Das Jagdschloss wurde bis 1944 von der großherzoglichen Familie als Sommerresidenz genutzt.
Die Zeit nach 1944
Im Mai 1945 richtete man hier aus der Not heraus ein Lazarett ein, der kleine Friedhof am Haus wurde für Soldaten zur letzten Ruhestätte - mehr dazu in der Rubrik Kriegsgräber. Anschließend wurde
das Haus TBC-Lungenheilstätte und blieb bis Anfang der 80er Jahre Krankenhaus und Pflegeheim. Von 1985 bis zur Wende 1990 nutzte die Gemeinde Gelbensande das Haus.
Nach Zeiten der Eigentumsklärung und Suchen nach geeigneten Nutzungskonzepten gründete sich im Oktober 1995 der Förderverein Jagdschloss Gelbensande e.V. der seit 1996 die Räume der Repräsentationsetage restauriert und sie als Museum und Kultustätte der Öffentlichkeit zeigt.
Am 17.09.2008 wurde das Jagdschloss Gelbensande an den Bauunternehmer Dirk Elgert verkauft. Herr Elgert sieht die Anlehnung an den Residenzgedanken des Grossherzoges Friedrich Franz III als
unumgänglich und leitend an. Die restauratorische Wiederbelebung steht gleichermaßen im Mittelpunkt wie die angepassten kulturellen Veranstaltungen.